08. September 2000

 
Rechtsextremismus

"Aktion Noteingang"

"Wir bieten Schutz und Informationen bei rassistischen und faschistischen Übergriffen."

Heike Kleffner

Knallgelb leuchtet der Aufkleber mit der schwarzen Aufschrift "Aktion Noteingang" und einem rennenden Menschen im Stil des Ampelmännchens. Daneben steht in Deutsch, Russisch und Englisch der Satz: "Wir bieten Schutz und Informationen bei rassistischen und faschistischen Übergriffen." Seit Frühjahr diesen Jahres prangt das auffällige gelbschwarze Rechteck an Schaufensterscheiben und öffentlichen Gebäuden in mehreren brandenburgischen Städten, zum Beispiel am Rathaus der Stadt Frankfurt/Oder. "Der Aufkleber soll ein Zeichen für Zivilcourage setzen und den Opfern rechter Übergriffe signalisieren: Hier kann man Hilfe finden, wenn man gejagt wird," sagt der Sprecher der ,Initiative Noteingang', Knut Steinkopf.

Über 1000 öffentliche Einrichtungen, Vereine und Geschäftsleute haben die Ortsgruppen von "Noteingang" im vergangenen Jahr angesprochen, mit der Bitte, sich an der Initiative zu beteiligen. Am 1. September diesen Jahres wurden die zumeist jungen Leute aus unterschiedlichen antirassistischen Gruppen, Flüchtlingshilfevereinen, Kirchengemeinden und antifaschistischen Initiativen für ihr Engagement mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet. Mittlerweile wurde die Initiative in Frankfurt an der Oder von den dortigen Stadtwerken aufgegriffen; gestern erklärte die Brandenburger SPD ihre Beteiligung. An den 19 SPD-Geschäftsstellen im Land soll der Aufkleber ebenfalls angebracht werden.

Knut Steinkopf zieht jedoch keineswegs nur eine positive Zwischenbilanz: Trotz großen Engagements der beteiligten Jugendgruppen in zehn brandenburgischen Städten, fanden sich im vergangenen Jahr nur 200 Geschäfte und öffentliche Einrichtungen, an denen der Aufkleber angebracht wurde. An einer Fragebogenaktion beteiligten sich immerhin noch 500 Einrichtungen - die oftmals erklärten, sie würden aus Angst, rechte Übergriffe zu provozieren, den Aufkleber lieber nicht an ihrer Schaufensterscheibe anbringen. Auch die öffentlichkeitswirksame Ankündigung der Industrie- und Handelskammer von Frankfurt/Oder, sich an der "Aktion Noteingang" zu beteiligen, stößt bei den Initiatoren auf geteilte Reaktionen: "Die IHK ist vor allem an einer Imageverbesserung für den Wirtschaftsstandort Frankfurt interessiert," sagt Steinkopf. Flüchtlingsinitiativen und Opferhilfegruppen, die in der Grenzstadt seit dem vergangenen Jahr für "Noteingang" werben, seien von der IHK nicht mit einbezogen worden.

Auch die Tatsache, dass die "Aktion Noteingang" von brandenburgischen Politikern gerne als Aushängeschild erwähnt wird, bedeutet keineswegs materielle oder infrastrukturelle Unterstützung. So kritisiert Steinkopf, dass die Initiative keine Landesmittel aus dem Topf des "Toleranten Brandenburg" erhalten hat. "Warum werden Initiativen, die sich schon lange gegen Rechtsextremismus und Rassismus engagieren und eine kontinuierliche Arbeit machen, nicht gefördert?", fragt der Student aus Strausberg.

Bei "Aktion Noteingang" lässt man sich allerdings durch bürokratische und politische Hindernisse nicht schrecken. Die 2000 Mark Preisgeld, die mit dem Aachener Friedenspreis verbunden sind, sollen der Initiative von Asylbewerbern aus Rathenow gespendet werden, die für eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Asylbewerbern in Brandenburg eintritt.

 

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